Die außerordentliche/fristlose Kündigung ist die schärfste Maßnahme im Arbeitsrecht und daher von ganz besonderen Voraussetzungen abhängig. Einen Überblick über den Ablauf der Prüfung einer außerordentlichen/fristlosen Kündigung finden Sie in der nachfolgenden Darstellung. Allerdings macht die nachfolgende Übersicht nicht eine genaue anwaltliche Prüfung Ihres besonderen Falles überflüssig, sondern soll nur eine Kurzdarstellung zur Ihrer Orientierung sein. Wie Sie sich am besten verhalten, wenn Sie eine Kündigung erhalten haben oder eine Kündigung aussprechen wollen, finden Sie in den dortigen Kapiteln.
Ist die Schriftform der Kündigung eingehalten?
Gemäß § 623 BGB können Kündigungen nur schriftlich in der Form des § 126 BGB ausgesprochen werden. Die Kündigung muss vom Kündigungsberechtigten eigenhändig unterzeichnet sein. Eine mündliche Kündigung oder eine Übermittlung der Kündigung auf elektronischem Weg oder per Fax genügt nicht! Die Angabe des Grundes für die fristlose Kündigung ist nicht erforderlich. Der Kündigende muss jedoch auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
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Gerne klären wir mit Ihnen in einem persönlichen Gespräch den Sachverhalt und loten Ihre rechtlichen Möglichkeiten aus. Darauf basierend können wir mit Ihnen die für Sie sinnvollste Strategie festlegen. Der Überblick ersetzen ein solches Gespräch nicht, sondern bieten nur einen Überblick über einige wichtige rechtliche Aspekte bei dieser Fragestellung.
Sobald Sie eine Kündigung erhalten haben, ist schnelles Handeln erforderlich, da Sie ab Zugang der Kündigung nur drei Wochen Zeit haben, um Ihre Rechte geltend zu machen. Einzelheiten dazu finden Sie unter Sie wurden gekündigt? Was Sie jetzt tun sollten.
Die Kündigung muss grundsätzlich vom Arbeitgeber in Person unterzeichnet werden. Handelt es sich bei dem Arbeitgeber um eine juristische Person, wie z. B. um eine GmbH oder einen Verein, sind nur die vertretungsberechtigten Organe zum Ausspruch und zur Unterzeichnung der Kündigung berechtigt (z. B. Geschäftsführer, Vorstand, etc.). Zur Kündigung berechtigt können auch ein Prokurist, der Leiter der Personalabteilung und sonstige Bevollmächtigte sein. Soweit sich die Berechtigung zur Kündigung nicht aus gesetzlichen Vorschriften oder aus öffentlichen Registern, wie z. B. dem Handelsregister, ergibt, ist der Kündigung in der Regel eine Vollmacht beizulegen. Dies wird dann beispielsweise entbehrlich, wenn die Bevollmächtigung betrieblich bekannt gemacht ist. Das Fehlen einer schriftlichen Vollmacht oder die nicht ordnungsgemäße Bevollmächtigung sind unverzüglich zu rügen, um die Kündigung unwirksam zu machen.
Die Kündigung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Der Arbeitgeber hat den Zugang einer von ihm ausgesprochenen Kündigung beim Arbeitnehmer zu beweisen. Vom Zugang der Kündigung hängt beispielsweise die Drei-Wochen-Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage ab.
Der Zugang einer Kündigung kann durch persönliche Übergabe erfolgen. Damit ist die Kündigung sofort zugegangen. Eine Übergabe an Dritte, wie z. B. Ehegatten ist ebenfalls möglich. Ehegatten werden als Empfangsboten eingeordnet und die Kündigung gilt in der Regel ebenfalls als sofort zugegangen. Wird die Kündigung an einen Erklärungsboten übergeben, welcher nicht zur Entgegennahme von Erklärung bestellt worden ist oder nach der Verkehrsauffassung nicht als dafür bestellt anzusehen ist, geht die Kündigung erst zu, wenn sie tatsächlich übergeben wurde. Das Risiko der tatsächlichen Übergabe trägt der Arbeitgeber. Es ist daher Vorsicht mit der Übergabe an Dritte geboten, da sich herausstellen kann, dass der vermeintliche Ehegatte nur ein Handwerker oder Gast war.
Der Zugang der Kündigung kann auch während der Abwesenheit des Mitarbeiters zum Beispiel durch Einwurf in den Briefkasten erfolgen. Zugegangen ist eine Kündigung aber immer erst dann, wenn das Kündigungsschreiben in den Machtberecht des Gekündigten gekommen ist und unter gewöhnlichen Umstanden damit gerechnet werden kann, dass das Kündigungsschreiben zur Kenntnis genommen werden kann.
Wird die Kündigung in den Briefkasten eingeworfen, ist diese somit nicht immer bereits am Tag des Einwurfs zugegangen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Kündigung so spät in den Briefkasten eingeworfen wurde, dass nicht mehr mit dem Eingang von Post gerechnet werden musste. Allerdings gilt die Kündigung auch dann als in Ihren Machtbereich gelangt, wenn Sie sich während des Einwurfs der Kündigung in den Briefkasten im Urlaub befanden, selbst wenn ihr Arbeitgeber von Ihrem Urlaub wusste. Sie können in einem solchen Fall aber die nachträgliche Zulassung der Klage gemäß § 5 KSchG beantragen.
Für einen Beweis des Zugangs der Kündigung empfiehlt sich eine schriftliche Dokumentation der Übergabe, welche durch den Empfänger der Kündigung oder einen Zeugen unterzeichnet sein sollte. Daneben kann die Kündigung per Post mit Einschreiben zugestellt werden. Dabei gilt die Kündigung beim Übergabeeinschreiben in der Regel nicht als zugestellt, wenn der Empfänger nicht angetroffen wird und er die Kündigung trotz Benachrichtigungsschein, wonach ein Übergabeeinschreiben zur Abholung bei der Post bereitliege, nicht bei der Post abholt. Daher wird sich eher ein Einwurfeinschreiben für eine Zustellung einer Kündigung per Post eignen. Auch eine Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher ist möglich.
Soweit ein Betriebsrat im Betrieb vorhanden ist, muss dieser gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz vor jeder ausgesprochenen Kündigung angehört werden. Unterlässt der Arbeitgeber eine Anhörung des Betriebsrates, ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam. Eine schriftliche Anhörung ist nicht erforderlich, aber empfehlenswert.
Bei der Anhörung hat der Arbeitgeber die Gründe für die beabsichtigte Kündigung mitzuteilen. Dabei muss der Betriebsrat so genau informiert werden, dass er sich ohne eigene Nachforschungen ein Bild über die Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Kündigung machen kann. Daher sind jedenfalls die Person des zu kündigenden Arbeitnehmers, die ausgeübte Funktion im Betrieb, das Einstellungsdatum, die Kündigungsart, eine etwaige Behinderung und insbesondere die Kündigungsgründe möglichst genau und detailliert darzulegen. Soweit die Angaben des Arbeitgebers unrichtig oder unvollständig sind, kommt der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nicht nach.
Nur im Ausnahmefall kann sich der Arbeitgeber auf Kündigungsgründe, welche er nicht dem Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung mitgeteilt hat, stützen. Ein Nachschieben ist nur möglich, wenn die Kündigungsgründe vor Ausspruch der Kündigung bestanden, dem Arbeitgeber aber erst nach Zugang der Kündigung bekannt geworden sind. In diesem Fall ist eine nochmalige Anhörung des Betriebsrates zu den nachgeschobenen Gründen erforderlich. Treten neue Kündigungsgründe erst nach Ausspruch der Kündigung auf, ist eine neue Kündigung auszusprechen.
Der Betriebsrat kann der Kündigung zustimmen, Bedenken äußern oder sich gar nicht äußern. Ein Widerspruchsrecht besteht bei der fristlosen Kündigung nicht. Die Reaktion des Betriebsrates ist für die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung unerheblich. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Reagiert der Betriebsrat nicht, kann der Arbeitgeber erst nach Ablauf von drei Tagen die Kündigung aussprechen.
Der Gesetzgeber schütz Arbeitnehmer in besonderen persönlichen und beruflichen Situationen und macht die fristlose/außerordentliche Kündigung von der Zustimmung Dritter abhängig:
Besonderen Kündigungsschutz haben insbesondere:
a) Wichtige Kündigungsgründe gemäß § 626 BGB
Die fristlose Kündigung setzt wie die ordentliche verhaltsbedingte Kündigung ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers voraus. Der Unterschied zur ordentlichen Kündigung liegt darin, dass der Verhaltensverstoß so schwerwiegend sein muss, dass dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, für die Kündigung die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten. Es muss somit ein besonders schwerwiegender Pflichtenverstoß vorliegen. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob ein Pflichtenverstoß grundsätzlich einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen kann. Im Anschluss daran sind die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.
Grundsätzlich kann eine fristlose Kündigung beispielsweise bei folgenden Pflichtverstößen gerechtfertigt sein:
b) Vorwerfbarkeit des Fehlverhaltens
Eine Kündigung ist nur dann zulässig, wenn der Mitarbeiter rechtswidrig und schuldhaft seine Vertragspflichten verletzt hat. Soweit einer der genannten schweren Pflichtenverstöße begangen wurde, wird dies zunächst vermutet. Soweit der Mitarbeiter darlegen kann, dass der Pflichtenverstoß gerechtfertig oder wenigstens entschuldbar ist, fehlt es aber an der Vorwerfbarkeit. Es reicht aus, wenn der Mitarbeiter konkret darlegen kann, dass und warum der Pflichtenverstoß ausnahmsweise gerechtfertigt ist. In diesem Fall obliegt es regelmäßig dem Arbeitgeber, den Rechtfertigungsgrund des Arbeitnehmers zu widerlegen.
c) Verhältnismäßigkeit der fristlosen/außerordentlichen Kündigung
Eine Kündigung wegen des schweren Pflichtenverstoßes ist nur dann zulässig, wenn die Kündigung das letzte Mittel des Arbeitgebers ist, wirkungsvoll auf das Fehlverhalten zu reagieren (Ultima-Ratio-Prinzip). Der Arbeitgeber muss vor einer Kündigung alle milderen Mittel ausgeschöpft haben. Zu den milderen Mitteln gehören die ordentliche Kündigung, die Änderungskündigung und die Abmahnung. Eine fristlose Kündigung ist daher nur dann möglich, wenn keines der genannten Mittel ausreichend ist, um angemessen auf die schwere Störung des Arbeitsverhältnisses zu reagieren.
Weiterhin gilt das Prognoseprinzip. Die fristlose Kündigung ist keine Sanktion für vergangenes Fehlverhalten, sondern dient der Vermeidung künftiger Pflichtverletzungen. Eine negative Prognose liegt nur vor, wenn aus der Pflichtverletzung geschlossen werden kann, dass der Arbeitnehmer auch künftig auch nach einer Abmahnung erneut vertragswidrig handeln wird.
d) Interessensabwägung
Auch wenn alle obigen Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nur dann zulässig, wenn eine umfassende Interessensagwägung ergibt, dass die Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Interessen des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses überwiegen. Dabei ist zu berücksichtigen, wie lange das Arbeitsverhältnis unbeanstandet angedauert hat, ob frühere Pflichtverstöße vorgekommen sind, wie schwer die Verfehlung und die Schuld des Mitarbeiters wiegen, wie hoch der entstandene Schaden ist und ob der Arbeitgeber vielleicht ein Mitverschulden trägt. Daneben sind Sozialdaten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen wie Lebensalter, Aussichten am Arbeitsmarkt, etc. Für eine Kündigung spricht bei der Interessensabwägung, wenn es sich um einen besonders schweren Pflichtenverstoß handelte, der betriebliche Auswirkungen hatte und beispielsweise einen großen wirtschaftlichen Schaden nach sich zog oder den Betriebsfrieden bzw. die Betriebsdisziplin nachhaltig gestört hat.
Eine fristlose Kündigung kann gemäß § 626 Abs. 2 BGB nur innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen ausgesprochen werden. Dem Arbeitnehmer muss innerhalb dieser Frist die Kündigung zugegangen sein. Versäumt der Arbeitgeber diese Frist, ist eine fristlose Kündigung nicht mehr möglich, wohl aber eine ordentliche Kündigung.
Die Frist beginnt, soweit der zur Kündigung Berechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis vom Kündigungssacherhalt hat, die ihm die Entscheidung ermöglicht, ob ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht.
Die Kenntnis eines Vorgesetzten, der nicht zur Kündigung berechtigt ist, reicht grundsätzlich nicht aus.
Treten fortlaufend neue Tatsachen ein, die für die Kündigung maßgeblich sind (z. B. ein fortlaufendes unentschuldigtes Fehlen) oder liegt ein noch nicht abgeschlossener, länger währender Zustand der Pflichtverletzung vor (Dauertatbestand), beginnt die 2-Wochen-Frist nicht vor Abschluss der letzten Pflichtverletzung. Die 2-Wochen-Frist wird außerdem gehemmt, wenn der Arbeitgeber zur Ermittlung des Kündigungssachverhalts erforderliche Ermittlungen vornimmt.
Grundsätzlich kann eine außerordentliche Kündigung in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, wenn mit der Kündigung zu Ausdruck kommt, dass das Arbeitsverhältnis unter allen Umständen zu einem Ende gebracht werden soll. Dies wird beispielsweise dann relevant, wenn die außerordentliche Kündigung z. B. wegen des Nichteinhaltens der Ausschlussfrist aus § 626 BGB unwirksam ist. Dann kann diese Kündigung noch zu einer ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen.
Häufig wird neben einer außerordentlichen Kündigung auch hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausgesprochen. In einem solchen Fall ist eine Umdeutung nicht notwendig.
Eine Umdeutung scheitert dann, wenn bei einer notwendigen Betriebsratsanhörung der Betriebsrat nur zur der außerordentlichen und nicht zu der ordentlichen Kündigung angehört wurde. Die Kündigung ist in diesem Fall infolge einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung unwirksam.
Erhebt der Arbeitnehmer nicht innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung eine Kündigungsschutzklage, gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam (§ 4 KSchG). Es können dann keine Rechte mehr aus einer vorher bestehenden Unwirksamkeit der Kündigung abgeleitet werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Kündigung wegen ganz offensichtlicher und schwerer Mängel rechtswidrig ist und auch wenn das Kündigungsschutzgesetz für den Arbeitnehmer nicht anwendbar ist. Gegen eine nur mündliche Kündigung muss die 3-Wochen-Frist allerdings nicht eingehalten werden.
Wurde die 3-Wochen-Frist aus § 4 KSchG versäumt, besteht in Ausnahmefällen noch die Möglichkeit einer nachträglichen Zulassung der Klage gemäß § 5 KSchG, wenn der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach der Lage der Umstände zumutbaren Sorgalt an der Klageerhebung verhindert war. Beispielsfälle sind eine die Klageerhebung ausschließende Krankheit, Urlaubsabwesenheit während des Kündigungszugangs, etc.
Außerdem können Schwangere Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage stellen, soweit sie erst nach Ablauf der Klagefrist unverschuldet von ihrer Schwangerschaft Kenntnis erlangt haben.